Wo sich Verwaltung und KI zum Aufbruch treffen – der KI-Kongress des LVR

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Referentinnen und Referenten

Prof. Dr. Christian Bauckhage / Professor für Informatik – Fraunhofer IAIS | Direktor – LAMARR Institut
Dr. Carsten Bender / Leitung des Bereichs Behinderung und Studium – TU Dortmund (DoBuS)
Frank Boss / Vorsitzender des LVR-Ausschusses für Digitale Entwicklung und Mobilität
Thomas Coenen / Geschäftsführer – LVR-InfoKom
Prof. Dr. Christian Djeffal / Professor für Recht, Wissenschaft und Technologie – TU München
Marc Janich / LVR-Dezernent für Digitalisierung, IT-Steuerung, Mobilität und technische Innovation
Valentina Kerst / Senior Partner Managerin – KI-Bundesverband | Staatssekretärin a. D. Thüringen
Prof. Dr. Carsten Knaut / Professor für Personal & Digitale Arbeitswelt – TH Köln
Birgit Neyer / Erste Landesrätin und Kämmerin – LWL
Wieland Schäfer / LWL-Leiter IT-Serviceabteilung
Michael Schönbeck / Vorsitzender des LWL-Ausschusses IT und Digitales
Daniel Sieveke / Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen
Prof. Dr. med. Christiane Woopen / Professorin für Life Ethics – Universität Bonn | ehem. Vorsitzende des Deutschen Ethikrates

Noch 5 Jahre – und die KI hat das Gehirn in puncto Kapazität eingeholt, so Prof. Bauckhage. Es gehe schnell, sehr schnell, exponentiell. Die öffentliche Verwaltung hat dies erkannt und mit Unterstützung der Politik wird versucht, den Anschluss zu halten und an einigen Stellen auch zu finden. Wie gut dies gelingt und wie KI die kommunale Verwaltung in Zukunft prägen wird? Das war Gegenstand des KI- Kongresses der beiden Landschaftsverbände Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) am 19. & 20. März im Landesmuseum Bonn, zu dem hochkarätige Vortragende eingeladen wurden.

Innerhalb von zwei Tagen wurde für die rund 380 Teilnehmenden (davon etwa 230 in Präsenz) ein weiter Bogen gespannt: Von den Grundsätzen der Arbeit des LVR/LWL, über Ethik, Stand und Zukunft der KI sowie Fragen zu Inklusion und Teilhabe.

Dabei wurde durchgehend der Anspruch betont, dass der Einsatz von KI menschenzentriert sein muss: Für den Menschen und im Dienst des Menschen. Autonome Entscheidungen durch KI werden kommen, erklärte Daniel Sieveke. Der Anspruch an den Menschen als verantwortlicher Entscheider aber bleibt bestehen. Nur solle bitte nicht das Denken „outgesourct“ werden, betonte der Staatssekretär.

Da die Algorithmen letztlich auch von Menschen erstellt und trainiert würden, bliebe die Kontrolle über das Verhalten der KI auch menschliche Domäne. Aus meiner Sicht sollten wir uns bei dieser Interpretation allerdings eingestehen, dass die Entwicklung heute schon die Grenzen aufweicht und Szenarien Realität werden lässt, die dieses Postulat zur fundamentalen Rolle des Menschen in Frage stellen.

Kooperation statt Insellösungen

Frank Boss betonte mehrfach die Notwendigkeit zu kooperieren, voneinander zu lernen. Darin stimmten ihm viele Referentinnen und Referenten zu. Vor allem in Zeiten begrenzter Haushaltsmittel müssen Initiativen vernetzt gedacht werden und Projekte mit stabilen Rahmenbedingungen – auch Finanzierungen – ausgestattet werden. Nur so kann Digitalisierung mit der notwendigen Geschwindigkeit gelingen.

„Digitalisierung ist die Voraussetzung für die Einführung und Nutzung von KI“. Dieser sehr wichtige Hinweis kam von Michael Schönbeck. Gerade für die öffentlichen Verwaltungen beschreibt dies eine der zentralen Herausforderungen, jetzt endlich ihre „Hausaufgaben“ zu erledigen.

Sieveke hob deutlich hervor, wie wichtig dabei die kommunale Ebene ist: Sie treibe an, hier passiere die Nutzung. Hier seien unbedingt die Mitarbeitenden einzubeziehen. Die erforderlichen, fördernden Strukturen müssen die übergeordneten Ebenen garantieren. Dabei ist eine Vernetzung der Regionen auf allen Skalen gefordert: Von den Kommunen als Basis, über Länder und Bund bis zur EU. Dass dabei diskutiert und gestritten wird, ist klar – und notwendig, um gute demokratische Kompromisse zu finden.

Ein weiteres, sehr wichtiges Thema sprach Sieveke ebenfalls an: Wir müssen uns nicht nur mit Datenschutz, sondern vor allem mit Datensicherheit beschäftigen. Die akute Bedrohungslage durch Cyberangriffe stellt eine enorme Herausforderung für Verwaltung und Wirtschaft dar.

Vor allem aber betonte Sieveke den Blick nach vorne: Er rief auf zu handeln, auszuprobieren – dabei Mut zu zeigen und die Chancen zu sehen!

Ethik von Anfang an: „Ethics by Design“

Einen Überblick zu zentralen Fragen der Ethik bei der Nutzung von KI lieferte Prof. Christiane Woopen in ihrer Key Note.

Sie empfiehlt – nicht nur bei KI-Projekten – einen „Ethics by Design“ Ansatz, damit schon vor dem Entwicklungsstart ethische Fragestellungen in der Planung berücksichtigt werden. Dazu wurde an ihrem Institut eine Methodik entwickelt, mit dem sich entsprechende „Scores“ ermitteln lassen. Mehr dazu unter Taylor & Francis Online und unter ELSI-SAT H&C.

Sie verweist in diesem Zusammenhang auf das EU-Projekt: „Virtual Brain Twin“, welches zum Ziel hat, virtuelle Zwillinge von Gehirnen zu beschreiben, um Menschen mit psychischen Erkrankungen besser behandeln zu können. Hier leitet Prof. Woopen die Arbeitsgruppe Ethik.

Prof. Woopen bezog auch Stellung zum EU AI Act: Dieser sei notwendig für eine menschenzentrierte Betrachtung. Er basiert auf den notwendigen Grundlagen der Ethik-Kommission und enthält wichtige Elemente daraus.

Abschließend sprach sie eine deutliche Warnung in Bezug zum Wahrheitsbegriff aus. In ihrer Wahrnehmung löst sich derzeit die Trennung „wahr/falsch“ auf: Wahr ist das, was mir gefällt bzw. ins eigene Weltbild passt. „Diese Entwicklung halte ich für brandgefährlich“, so Woopen.

Einen aufmunternden, aber auch nachdenklichen Appell äußert sie in ihrem Schlusszitat: „Je mehr Maschinen können, desto menschlicher müssen wir werden“.

Verwaltung im Umbruch: Transparenz als Erfolgsfaktor

Diese Key Notes und begleitenden Podiums-Diskussionen haben mehr als deutlich gemacht, in welcher wichtigen Phase sich die Verwaltungen befinden. Hinzu kommt die Fokussierung der neuen Bundesregierung, die mit dem Digitalministerium den Druck auf die Kommunen weiter erhöht. Umso wichtiger ist Transparenz – innerhalb der kommunalen Strukturen als auch gegenüber der Öffentlichkeit.

Die nachfolgenden Panels adressierten weitere sehr wichtige Themen. Welche interessanten Eindrücke ich dabei mitnehmen konnte, lest ihr zweiten Teil.

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